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Das Felix3D-Display wendet das 1976 von dessen Erfinder Prof. Rüdiger Hartwig patentierte Helix3D-Verfahren an. Bei diesem Verfahren werden Laserstrahlen auf eine in einem transparenten Zylinder sehr schnell rotierende Helix (=Schraube, Spirale)-projeziert, was zur Erzeugung von Lichtpunkten und in deren Gesamtheit zu einem dreidimensionalen Bild führt. Als Anwendungsbeispiel hat Herr Prof. Hartwig in der Patentschrift unter anderem den Einsatz des Verfahrens in der Flugsicherung zur dreidimensionalen Darstellung der Flugkörper in Höhe und Distanz genannt

Hintergrundinformationen


In den mittlerweile 25 Jahren seiner schulischen Tätigkeit hat der Lehrer Knut Langhans neben dem Unterricht eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Projekte betreut. Das Spektrum reichte dabei von der Konstruktion eines Cyberbikes über die Produktion von Multivisionen wie z. B. der Sternenodyssee Vincent's Starship, einem mit 24 Diaprojektoren simulierten Flug durch Raum und Zeit, bis hin zur Entwicklung eines 3D- Displays.Auch die Kreation futuristischer Mode aus Müll und eine Modenschau mit dem Titel Vincent's Starship Schnuppen gehörte hierzu. Zeitweise beteiligten sich über mehrere Jahre hinweg 120 Schülerinnen an 27 verschiedenen Projekten. Die Themenschwerpunkte in den einzelnen Gruppen sind so gewählt, dass möglichst viele Schülerinnen mit verschiedenen Interessen und unterschiedlichen Alters mitarbeiten können. In all diesen Projekten wurde versucht, Aspekte der Technik und der Kunst zu verbinden. Die Projekte sind fächerübergreifend, multimedial und ganzheitlich angelegt und dauern in der Regel mehrere Jahre. Ziel dieser Arbeit ist es, im Rahmen freiwilliger Projekte am Nachmittag, an den Wochenenden und in den Ferien den Jugendlichen die Möglichkeit zu einer zeitgemäßen, praxisorientierten Ausbildung zugeben. Diese beinhaltet den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen und Kompetenzen. Dabei werden Strategien für kontinuierliches, langfristiges, gemeinsames Arbeiten entwickelt und so schon früh Durchhaltevermögen und Beständigkeit trainiert. Enge Kontakte zu Universitäten und in Industrie gewährleisten den Transfer von aktuellem Wissen und Know-how und erleichtern den Jugendlichen den Übergang in die Arbeitswelt oder auch das Studium. Entsprechend der Bandbreite der Projekte wurden die Arbeiten auch auf unterschiedlichen Messen und Kongressen vorgestellt und schon mehrfach ausgezeichnet. So z.B. auf der CeBIT'92, der Hannover-Messe Industrie, der IFA in Berlin, der EXPO'92 in Sevilla, der "arte-digital" des Goethe- instituts in Buenos Aires 1993 sowie dem "festival of photojournalism - visa pour l'image" 1994 in Perpignan, der Photonics West in San Jose 1996, der Photonics China in Peking 1996, der SIGGRAPH'99 in Los Angeles, der Optatec in Frankfurt am Main 2002, der Photonics West 2003 in Santa Clara und dem Kongress Optische Technologien in Berlin 2003.


Eine Multi-Vision

Nein, das sei ja wirklich zu schade. Dieses Schietwedder. Die alte Dame hat Mitleid. Und in den Händen ein Tablett mit starkem, schwarzen, dampfenden Tee. Und neugierig ist sie natürlich auch: Die Scheinwerfer, die Kamera. Der dunkelblaue und blitzblank polierte Oldtimer (Abb.1). Und dann die »dschungen Deerns in diesen...« - tja, was eigentlich?

»Das ist ein Kartoffelsack, trägerlos«, verkündet Ariane und schaut an sich herunter. »Mode aus Müll. Ganz einfach selbstgemacht und außerdem kostenlos.« Die alte Staderin (grauer Rock, braune Strickjacke, Blümchenbluse) schüttelt den Kopf, macht sich nur Sorgen: »Daß Ihr Euch da man nix wegholt.« Und dann kommt der Tee dran. Drehpause.

Jugend forscht, im weitesten Sinne. Nicht für die Schule, sondern für's Leben. Und deshalb möglichst weit weg von Lehrern und Noten, von Unterrichtsplänen und Pausenmilch - eine Arbeitsgemeinschaft eben, aber nicht irgendeine.

Geschichtsstunde: Die paar zusammengerafften Videolampen kämpfen gegen die Nacht. Nieselregen füllt die Lichtkegel (Abb.2). Kabelsalat auf spiegelndem Kopfsteinpflaster Der alte Hafen, Fachwerkfassaden, Stades Schokoladenseite - zartbitter. Die Teetassen sind schnell leer. Und dann sagt jemand: »Worauf warten wir eigentlich?« Zum x-ten mal setzt der Fahrer zurück, achtet geduldig auf das Handzeichen. Sein Benz ist älter als die beiden Passagiere auf dem Rücksitz zusammen. Und dann, immer wieder, Großaufnahme (Abb.3): anfahren, anhalten, Tür auf. Mädchenbeine zuerst, dann gewaltige Berge von Kleidern, die sich raschelnd und knisternd aus dem Fond herausschälen. Hüte zum Fürchten. Kichern. Schnitt.

In sicherem Abstand sind ein paar versprengte Touristen stehengelieben. Und ein Mann mit Fahrrad. Zuerst fällt er nicht weiter auf. Doch dann sind da diese großen Augen, das verschmitzte Lächeln - völlige Regungslosigkeit. Plötzlich springt er über Kabel hinweg und stoppt neben der - imposanten, aber natürlich nur geliehenen - Kamera: »Ihr macht das wirklich ganz prima.« Und ehe jemand reagieren kann: »Wann seid Ihr fertig mit dem Video? - Wir brauchen das! Wir müssen uns unbedingt beeilen!«

Ein Lehrer und seine Schüler. Außerhalb der Schule, fernab jedes Lehrplanes und noch weiter weg von tarifvertraglichen Arbeitszeitordnungen oder dem Pausengong. »Leistungskurs in Phantasie« (Abb.4) - so lautet das Urteil eines phantasievollen Beobachters. »Arbeitsgemeinschaft Jugend forscht« - so nennen sie sich selbst. Aber ein Titel, Worte allein reichen einfach nicht. Kurze, selbstgedrehte Videofilme kommen dazu. Doch auch sie können nur einen Bruchteil davon widerspiegeln, was diesen Lehrer und die Schüler antreibt. Was sie Nachmittage, Nächte, ganze Ferien hindurch zusammenführt und -hält. Und was viele von ihnen intensiver und länger beschäftigt als der eigentliche Unterricht.

Das Schulfest hat alles, was ein Schulfest braucht: Negerküsse vor allem. Aber auch ein paar pädagogische Produkte: Strohsterne, Kohlezeichnungen, ein Aufsatz über's Waldsterben. Und dann ganz hinten, kurz vor der Raucherecke, da sind sie wieder: diese leuchtenden Augen, diesmal rastlos und wach. Dazu ein Zylinder auf den Kopf gezwängt und ein schlichter, schwarzer Umhang. Der Lehrer hat Mut. Und eine rote Rose (Abb.5) in der rechten Hand. Behutsam zieht er sie aus einer Thermosflasche mit gefrorener Luft. Und dann, wie aus Versehen, läßt er sie fallen. Sie zerplatzt, schockgefrostet, in tausend Scherben. Und das Publikum kann's gar nicht fassen. Applaus im »Chemiezirkus«, der Vorhang fällt. Doch hinter den Kulissen geht es erst richtig los. Aus der Spielerei, damals, im Jahre 1980, wird eine Kettenreaktion - nicht nur in chemischer Hinsicht.

Von diesem Tag an ist etwas anders am Vincent-Lübeck-Gymnasium. Die Putzfrauen bekommen das als erste zu spüren. Plötzlich haben sie die Nachmittage, die leeren Flure und Hallen nicht mehr für sich allein. Das Heulen ihrer Bohnermaschinen mischt sich mit neuen, unbekannten Tönen. Klack-klack-klack-klack-klack-klack- klack: Es sieht aus wie eine flache Zigarrenkiste, mit Metallkugeln gefüllt und einem Plexiglasdeckel (Abb.6). Elektromotoren versetzen das Ganze in Schwingung und lassen die Kugeln tanzen. »So ähnlich«, sagt Martina und starrt wie hypnotisiert auf ihren Versuch, »könnte die Bewegung von Molekülen und Atomen aussehen - natürlich nur theoretisch.« Dann dreht sie sich um und schaut auf einen Computerbildschirm. Auch dort tanzen die Teilchen, lautlos allerdings (Abb.7). »Unser Ziel ist es, mit dem Rechner eine chemische Reaktion zweiter Ordnung zu simulieren.« Und tatsächlich: einige Monate später ist es soweit. Reagenzglas-Realität und Computergrafik stimmen überein. Der Bundeswettbewerb »Jugend forscht« macht zum ersten Mal Bekanntschaft mit den Stader Schülern.

Von nun an folgt eine Arbeit der anderen. Und neben Lötkolben, ph-Meter und Stichsäge wird eine alte grüne Reiseschreibmaschine zum wichtigsten Werkzeug. Daneben eine dicke Adressenliste. Und immer wieder die Bitte nach »freundlicher Unterstützung« - Jugend tippt. Und dann das tägliche Warterei auf den Postboten, rnanchmal schon am Schultor. Der Brief ungeöffnet zurück? Oder eine Absage? Oder tatsächlich - ein Paket? Da kann ein fast neuwertiger Argon-lonen-Laser schon mal die vier-minus in Latein überstrahlen. Und für die Portokasse geht der Chemiezirkus noch mal auf Tournee durch Stades Innenstadt (Abb.8): der alte Hafen, Fachwerkfassaden, Kopfsteinpflaster. Und weitere Rosen, die darauf zerplatzen. Doch ihre gefrorenen Scherben bringen Glück. Die Arbeitsgemeinschaft macht Fortschritte - im wahrsten Sinne. Und als drei Jahre später an derselben Stelle dieselben Schüler stehen, mit einer Videokamera, einem Oldtimer und rnerkwürdigen Kostümen aus einer anderen Welt, da sind sie schon über die Grenzen Stades hinaus bekannt.

Doch die alte Dame mit dem Tee hat davon noch nichts gehört und ist nach wie vor skeptisch, als sie ihre Tassen wieder einsammelt. »Diesen ganzen modern' Kram«, sagt sie, mustert ein Ballkleid aus Müllsäcken und lächelt dann: »Na, solange ich das nich' anziehen brauch'...«

Was das mit 'Jugend forscht' zu tun hat?« - Britta blickt von ihrer Nähmaschine auf. »Na ja, Recycling, Umweltschutz, Materialforschung, da gibt es genug Verbindungen. Die Leute denken bei Wissenschaft nur immer an langweilige, kahle Labors. Wir versuchen, das mit Kunst zu kombinieren. Und zeigen, daß wir auch noch Spaß dabei haben.« Die Antwort kommt, ohne zu zögern. So oft schon hat sie die Frage gestellt bekommen. So oft haben Reporter und Politiker, Manager und Mäzene fasziniert, aber auch etwas verwirrt dagesessen: Das haben die »Kinder« tatsächlich selber entworfen? selber genäht? und gehen damit auch noch selbst auf den Laufsteg? »Das ist schon 'ne Menge Arbeit«, meint Heidi und läßt die Nadel rattern, »vor allem die Choreographie, das regelmäßige Üben. Und schließlich gehen wir ja nebenbei auch noch alle zur Schule...« Mode als Verpackungskunst: mit Plastiktüten und Spiegelscherben, mit Diarahmen und Nummernschildern, mit Joghurtbechern und Fahrradreifen. Eine Kollektion im ursprünglichen Sinn: colligere, lat.: sammeln. Es liegt genug herum. Und Mode als Botschafter: ein diplomatischer Dienst für die trockenen Wissenschaften - auch eine Art Verpackungskunst (Abb.9).

Vielleicht liegt da ein Geheimnis der Stader Truppe: Sie entsprechen so gar nicht dem Klischee. Keine Spur von braven, weltfernen und cordhosetragenden Naturwissenschaftlern. Keine Geheimnistuerei und Öffentlichkeitsscheu - im Gegenteil: tu' Gutes und rede darüber! Und wie es sich für anständige Botschafter gehört: sie reisen viel. Der Laufsteg führt vom Kopfsteinpflaster der Stader Altstadt über die Kö-Galerie (Abb.10) in Düsseldorf auf die Bühne des Hamburger Congress-Centrums (Abb.11 &12). Fotoaufnahmen in Paris (Abb.13), Niedersachsen-Werbung auf der Weltausstellung in Sevilla (Abb.14). Die »futuristische Modenschau« ist zum Markenzeichen geworden, für junge und freche Phantasie, für eine Generation, die weiß, was sie will: nach den no-future-Jahren der 80er kommt das besonders gut an. Jugend lebt.

Oelli mag nicht mehr (Abb.15). Oelli hat schlicht und ergreifend die Nase voll. Nächte durchgearbeitet. Hunderte von Dias sortiert, Kilometer von Kabel verlegt, geschleppt, gelötet, gebohrt. Und jetzt das: Die Projektoren spinnen. Der Computer macht, was er will. Die Gäste wenden sich amüsiert ab und schlendern davon. Der Lehrer schließt seine großen Augen und atmet tief durch. Dabei hatte alles so vielversprechend angefangen. Eine Einladung in die Braunschweiger Stadthalle. Die riesige Fensterfront sollte zur Leinwand werden, für eine Sternenshow, ein Feuerwerk, eine Reise in die Unendlichkeit (Abb.16). Alles war perfekt geplant, das Herzstück der Anlage doppelt und dreifach geprüft: ein unscheinbarer Metallkasten, gekoppelt mit einem tragbaren Computer und 32 Diaprojektoren. Dazu eine eigene Programmsprache und selbstgemischte Synchronmusik. Multivision für Fortgeschrittene. Im Wettbewerb Jugend forscht' wurde das ein Erfolg (Abb.17). In Braunschweig steht jetzt alles kurz vor dem Kollaps.

Oelli läßt den Kopf hängen, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde. Dann ist er schon wieder auf den Beinen und gibt erst Ruhe, als kurz nach ein Uhr nachts der Fehler gefunden ist: eine Baßbox hatte zu dicht an einer Datenleitung gestanden. Durch das gewaltige Magnetfeld ist einiges durcheinandergewirbelt. Auch in den Köpfen der Schüler. Doch wenn einer die Nerven behält, dann ist es Beate: »Pech«, sagt sie kühl und lächelt dann: »Aber diesen Fehler haben wir bestimmt nur einmal gemacht. « Dabei denkt sie schon an den folgenden Abend: Neuer Starttermin, der Countdown läuft. Und alle wissen, wenn was schiefgeht: Beate ist da. Sagt ihre Meinung und packt immer mit an. Ganz zu schweigen von ihrem legendären Apfelkuchen. Und da ist er auch wieder, der Blick aus den großen Augen. Entspannt nach den Stunden der Hektik, müde nach der zweiten Nacht ohne Schlaf. Aber happy: »Ich wußte, daß wir es schaffen. Ich wußte, daß Ihr Euch nicht unterkriegen laßt.« Der Lehrer und seine Schüler. Durch dick und dünn.

Stadthalle Braunschweig, 24 Stunden nach dem Fehlstart. Draußen hunderte von frierenden Zuschauern. Dezemberregen. Drinnen die Stader Schüler und ihre Diaprojektoren. Sie halten die Luft an. Dann drückt Oelli die alles entscheidende Taste. Und es entfaltet sich ein 15minütiges Spektakel, eine Komposition aus Licht und Tönen, aus Bewegung und Harmonie. Dann Stille. Und plötzlich - Applaus, der zu ihnen hereindringt und sich mit dem Summen der Projektoren mischt (Abb.18).

Multivision. Ein Wort, das zunächst mal für eines der vielen Forschungsprojekte steht, für die computergesteuerte Verknüpfung verschiedener Medien. Darüber hinaus ist es aber auch hier wieder die Verknüpfung von trockener Wissenschaft, von Schaltkreisen und Computerprogrammen auf der einen Seite, und von künstlerischer Gestaltung, von Musik, Bildern und Dramaturgie auf der anderen. Ein Erlebnis für die Sinne. Eine Erfindung, die sich - wortwörtlich - sehen lassen kann, nicht nur in Braunschweig. Die Weltraumshow (Abb.19) hat einen immer dichter gedrängten Flugplan: Internationale Funkausstellung in Berlin (Abb.20), Filmaufnahmen für den NDR, die Hannover Messe Industrie (Abb.21), schließlich ein Weltkongress der Kunsterzieher (INSEA) in Hamburg. Dort ist es wieder eine Fensterfront (Abb.22), die als Leinwand herhalten soll: 60 Quadratmeter Glas werden mit Polyesterstoff bespannt, die 64 Diaprojektoren stehen auf drei Foyer-Ebenen verteilt. Kurz nach 22.00 Uhr ist es dann soweit. Diesmal ist es Andreas, der die Startfreigabe gibt. Und die Show - genannt »Vincent's Starship« - hebt ab, ist »on air« - im doppelten Sinne. Denn hunderttausende Hörer von »Radio Hamburg« fliegen mit. Auf 103,6 Megahertz überträgt der Privatsender die Multivisions-Oper live, synchron und in Stereo. Mehr als 1000 Menschen sind deshalb zum Internationalen-Congess-Centrum gepilgert, um die dazugehörigen Bilder (Abb.23) zu sehen - mit ihrem Walkman oder Ghettoblaster am Ohr. Multivision made in Stade, das ist 'Jugend forscht' von ihrer populärsten Seite.

Multivision. Ein Wort, das aber auch weit über die Sternenshow hinausgeht. Es ist das, was inzwischen mehr als nur einen Lehrer und seine Schüler verbindet: Eine Vision, vielfach, vielfältig - eben multi. Eine Vision von »vernetztem« Lernen, fächer-, jahrgangs- und schulübergreifend, irgendwann vielleicht einmal international. »Fachidioten im stillen Kämmerlein, das ist genau das Gegenteil von dem, was wir wollen!« Kay lehnt sich zurück und blickt auf die armdicken Kabelstränge um sich herum: »Das ist doch das Problem mit dem normalen Schulunterricht: streng abgegrenzte Fächer, unterschiedliche Lehrer, ja sogar jede Stunde in einem anderen Raum. Aber so kann es einfach nicht funktionieren!« Er steht auf und beginnt, das Werkzeug einzusammeln. »Diese Multivisionsanlage zum Beispiel. Da steckt eben Elektrotechnik und Informatik drin, aber genausogut Akustik und Optik, also Physik. Und dann die ganzen Kisten, Stative und Hilfsmittel, alles selbstgebaut. Das ist nichts anderes als solides Handwerk (Abb.24).« Und schließlich zeigt er auf die riesigen Stoffbahnen an der Fensterfront: »Da haben uns übrigens die Mädels von der Modenschau geholfen, mit ihren Nähmaschinen.« Teamwork also, ein so arg strapaziertes Wort. In Stade hört man es eher selten - weil es eine Selbstverständlichkeit ist und nicht extra beschworen werden muß.

Felix ist immer noch zu laut, und viel zu sensibel. Aber dafür schon ein Veteran (Abb.25). Seit über 10 Jahren ist er dabei, hat bei Jugend forscht schon Bundespreise (Abb.26) und eine Ehrung der Elektronikindustrie geholt. Trotzdem: Felix macht immer wieder Probleme. Besonders bei mehr als 1200 Umdrehungen pro Minute. Da fängt er an zu flattern, und das klingt nicht gerade vertrauenserweckend. Irgendwie ähnelt Felix einem Korkenzieher. Mathematiker nennen diese Form eine Helix - und so kam er zu seinem Namen. Außerdem ist er aus Plexiglas - deshalb so empfindlich, hat den Durchmesser einer Langspielplatte und dreht sich auch wie sie, allerdings mit der 30fachen Geschwindigkeit. »Das könnte der Fernseher der Zukunft (Abb.27) sein«, meint Detlef und lächelt etwas verlegen. Volker ergänzt schließlich: »Na, eine Weile wird das aber noch dauern.« Dennoch: Felix leistet das, was in der Bildübertragung der logische nächste Schritt wäre: die dreidimensionale Darstellung. Während die herkömmlichen Systeme den räumlichen Effekt aber nur vortäuschen, mit ulkigen Hilfsbrillen und auf einer nach wie vor platten Mattscheibe, ist Felix wirklich dreidimensional. Das heißt: der Zuschauer kann um das Bild herumgehen und es von allen Seiten aus betrachten. Ein computergesteuerter Laserstrahl tastet die rotierende Spirale von oben ab und erzeugt so ein räumliches Bild. Zuerst waren das einfache mathematische Kurven, später geometrische Körper, schließlich Comicfiguren. »Wir müssen vor allem die Auflösung verbessern«, sagt Detlef, »und bisher können wir nur einfarbig abbilden, das wollen wir irgendwann auch noch ändern.«

Aber immerhin: Felix hat seine Kinderkrankheiten abgelegt, ist jetzt im heiratsfähigen Alter, gut ausgerüstet mit einem Gebrauchsmusterschutz und heftig umworben, von Firmen im In- und Ausland. Sie wollen ihn zum Beispiel für die Luftraumüberwachung weiterentwickeln. Ein 3D-Radar würde die Fluglotsen entlasten und so mehr Sicherheit bringen. Detlef jedenfalls ist von dieser Idee überzeugt. Und die Reaktion der Industrie gibt ihm recht. Auch wenn er lange darauf warten mußte.

Inzwischen hat er sein Studium begonnen und abgeschlossen. Doch das bedeutete nicht, die Stader Arbeitsgemeinschaft zu verlassen - im Gegenteil: 'Jugend forscht' hatte ihn fit für's Studium gemacht. Und nun bringt er seine Universitätskenntnisse zurück nach Stade. Technologietransfer, sozusagen. In beide Richtungen. Felix kann davon nur profitieren. Und der Nachwuchs natürlich auch. »Die sind jetzt im gleichen Alter wie ich damals, als wir den ersten Laser bekommen haben«, erinnert sich Detlef und grinst: »Nur damals gab's leider noch keine Forschungsförderung von einem netten Diplom-lngenieur.« Und damals gab's noch keine Hochleistungsrechner im Hosentaschenformat. Zehntklässler rangieren heute mit Speicherplätzen, die vor zehn Jahren noch science-fiction und der Stolz jeder Hochschule gewesen wären. »Wir hatten damals den 'PET' (Abb.28)«, erinnert sich Ulf, »und waren ziemlich stolz auf die geballte Kraft von 32 Kilobyte. Damit würde sich heute schon jeder Gameboy schämen.«

Die Geburtsstunde der Homecomputer und die der Arbeitsgemeinschaft 'Jugend-forscht' fielen genau zusammen - ein Zufall, der heute fast geplant wirkt. Die Simulation der chemischen Reaktionen, die erste Steuerungs-Software für die Multivision, Erfolge mit Stundenplan-Planungsprogrammen (Abb.29), all das lief zunächst über den flimmernd-grünen Bildschirm des 'PET' - in Zeitlupe, aus heutiger Sicht. Aber egal: zunächst zählt nur die Idee. Sie ist das, was Forschung ausmacht, und kann auch mit bescheidenen Mitteln funktionieren. Andererseits: der technische Fortschritt, die immer neuen Werkzeuge und Möglichkeiten sind es, die aus der Idee eine Entwicklung machen. Kurz: die Software der Schülerhirne braucht Hardware - und umgekehrt. Dabei wird es immer schwieriger - und das heißt vor allem immer teurer -, den Anschluß an die modernsten Technologien nicht zu verlieren. »Gerade bei den Computern hängen wir am Spendentropf.« Thorsten zieht den Netzstecker und wickelt das Kabel sorgfältig auf. »Aber darauf kann man sich halt nicht immer verlassen. Dann trösten wir uns und sagen: 'Mit Super-Mega-Turbo-Rechnern kann das ja jeder. Aber wir schaffen's auch mit einfachen Mitteln'.«

Nur eines läßt sich auch durch noch so gute Ideen, durch noch so viele Nachtschichten nicht ersetzen: Platz zum Arbeiten, zum Denken, zum Experimentieren. Die Schule hatte diesen Platz noch nie. Nach Jahren wurde zwar eine Abstellkammer frei, die reichte aber gerade mal zum Lagern der Geräte. Doch komplizierte Versuchskonstruktionen, langwierige Meßreihen? - undenkbar. Wasser- und Gasanschlüsse, Starkstrom, Lüftungssysteme? - nur ein Traum.

Unterdessen wuchs die Anzahl der Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft mit immer größerem Tempo (Abb.30). Aus 5 Projekten wurden 30. Und irgendwann war das Maß voll: Schlammige Bodenproben neben mikrometer-genau justierten Laserspiegeln. Käferlarven zwischen Kondensatoren. Der Antwortbrief von Firma X getränkt mit Schwefelsäure. Und über allem die Sphärenklange von »Vincent's Starship«. Jugend stinkt's.

Gebäude haben keine Schmerzen (Abb.31). Gebäude schweigen und lassen es mit sich geschehen. »Die Bausubstanz hat gelitten.« - So oder ähnlich steht es im Gutachten eines Architekten. Falsch. Niemand hat gelitten. Auch nicht, als man ihr die Flügel amputierte. Und sie ist auch nicht im Stich gelassen worden. Die alte Mühle steht einfach leer - und sie beklagt sich nicht. Aber schade ist es trotzdem. Weinflaschen von Aldi, eine löchrige Wolldecke. Die Treppe knarrt kaum und wackelt gar nicht. Auch wenn es so gut passen würde. Ein hölzerner Hohlraum. Wie der Rumpf einer gekenterten Galeere. Sogar ein paar Ketten liegen herum. Und dann noch eine Treppe, noch ein Stockwerk: Platz, Freiraum. Ein leerer Bienenstock, eine alte Pyramide - an eine Windmühle erinnert nichts. Dann schließlich die letzte Treppe, eher eine Leiter. Sie führt ins Gebälk, in die Spitze des Mühlenkranzes. Ein winziges, fast erblindetes Fenster. Und eine Silhouette davor. Der Lehrer blickt nach draußen, auf einen flachen grauen Klotz: die Vincent-Lübeck-Schule. Dann wendet er sich langsam ab und seine Augen strahlen. Sie haben etwas gesehen, was zu schön wäre, um wahr zu sein (Abb.32).

Wahrscheinlich nur ein Wunschtraum, eine multi-Vision (Abb.33).

Olaf Steenfadt, 1994.


Knut Langhans









































Abb.1: Der dunkelblaue und blitzblank polierte Oldtimer

Abb.2: Video-Aufnahmen am 'Alten Hafen'

Abb.3: ... und dann immer wieder Großaufnahme

Abb.4: FuMO 1987

Abb.5: ... und eine rote Rose in der rechten Hand

Abb.6: Technik

Abb.7: ... lautlos tanzen die Teilchen auf dem Computermonitor

Abb.8: ... und für die Portokasse geht der Chemiezirkus noch einmal auf Tournee durch Stades Innenstadt

Abb.9: Die FuMo 'Botschafter'

Abb.10: Modenschau in der Kö Galerie

Abb.11: Insea Weltkunstkongress CCH Hamburg

Abb.12: Das Stader Team des Insea Kongresses

Abb.13: Modeaufnahmen in Paris

Abb.14: Werbung für die Expo2000 auf der Weltausstellung in Sevilla

Abb.15: ... Oelli mag nicht mehr

Abb.16: Vincents Starship Projektion an der Fassade der Stadthalle Braunschweig

Abb.17: Teilnahme an 'Jugend Forscht'

Abb.18: Vincent's Starship Crew

Abb.19: Die Darsteller der Weltraumshow

Abb.20: Internationale Funkausstellung Berlin

Abb.21: Hannover Messe Industrie - Herr Riesenhuber (links) am Stader Messestand

Abb.22: Das CCH - hier noch mit koventioneller Beleuchtung

Abb.23: Die CCH Fassade mit Sternenmultivision "Vincent's Starship'

Abb.24: ... solides Handwerk

Abb.25: ... Felix ist schon ein Veteran

Abb.26: 'Jugend Forscht' Wettbewerb 1985 in Berlin

Abb.27: Der Fernseher der Zukunft

Abb.28: ... wir hatten damals nur einen 'PET'

Abb.29: ... 'Jugend Forscht' Datenbank

Abb.30: Gruppenbild vor der Mühle

Abb.31: Gebäude haben keine Schmerzen

Abb.32: ... ein Wunschtraum?
... eine Vision?

Abb.33: ... eine Multi-Vision?


 
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